Unter rund 100 Bewerbungen hat die Jury des Eugen Münch-Preises für innovative Gesundheitsversorgung die Gewinner für das Jahr 2023 ausgewählt:
Die Professoren Eva Meisenzahl und Nikolaos Koutsouleris werden in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet, Richard Fobo, Johannes Ruopp und Kerstin von Diemar erhalten den Preis für das beste Start-up im Gesundheitswesen.
Beide Preisträger erhalten jeweils 20.000 Euro und einen Film über ihre Arbeit.
Kategorie Wissenschaft und praktische Anwendung
Professorin Eva Meisenzahl und Professor Nikolaos Koutsouleris: „Computer-gestützte Diagnostik und risikoadaptierte Therapie zur Verhinderung des Ausbruchs von Psychosen”
Ziel der Arbeit ist es, das individuelle Risiko zur Entwicklung einer Psychose frühzeitig zu erkennen und die Therapie so anzupassen, dass der Ausbruch verhindert oder abgemildert wird. Dazu haben das Team von Eva Meisenzahl und Nikolaos Koutsouleris KI-basierte Methoden entwickelt, um mit Hilfe von computergestützten Algorithmen verschiedene Patienteninformationen wie den klinischen Befund, cMRT, neuropsychologische Tests und genetische Informationen zu analysieren und den weiteren Verlauf daraus mit Hilfe von KI vorherzusagen. Die Ergebnisse wurden wissenschaftlich evaluiert und in international renommierten Fachjournalen wie JAMA Psychiatry veröffentlicht.
Mit den entwickelten Methoden der Wissenschaftler ist nicht nur erstmals eine valide Risikoanalyse und Diagnostik möglich, sondern es kann reagiert werden, bevor eine psychotische Erkrankung ausbricht. Sie kommen im Rahmen des Innovationsfonds-Projektes CARE (care-network.eu) zur klinischen Anwendung. In diesem Netzwerk ist auf nationaler Ebene eine große Allianz und Kooperation zwischen Kinder- und Jugendpsychiatern, – psychologen und Erwachsenenpsychiatern- und psychologen entstanden, flankiert durch die Unterstützung der Krankenkassen TK NRW, DAK und AOK Rheinland sowie Ethikern, Gesundheitsökonomen und Sozialpsychiatern. „Bei Schlaganfall und bei Krebserkrankungen ist die Vorsorge längst etabliert, um den Ausbruch frühzeitig zu erkennen“, so Meisenzahl, „mit unserer Arbeit möchten wir das Ziel einer präventiven Psychiatrie intensiv verfolgen; denn frühe Erkennung und Behandlung ist auch bei psychiatrischen Erkrankungen möglich.“ Die Wissenschaftler verfolgen nicht nur das Ziel, das subjektive Leid der Betroffenen durch lange Phasen mit unspezifischen Symptomen, die häufig in der Adoleszenz entstehen, nunmehr zu verringern, sondern auch Kosten einzusparen. Psychosen gehören zu den kostenintensivsten Erkrankungen weltweit.
Professorin Eva Meisenzahl ist Lehrstuhlinhaberin für das Fach Psychiatrie und Psychotherapie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und leitet die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf/LVR. Sie ist Präsidentin der Europäischen Wissenschaftlichen Vereinigung für Schizophrenie und andere Psychosen (ESAS) und Vorsitzende der Allianz gegen Depressionen in Düsseldorf. 2011 erhielt Meisenzahl zudem die Ernennung als Senior Research Fellow am Bedfordshire Center for Mental Health Research der Universität Cambridge. Ihre gemeinsamen Arbeiten wurden unter anderem mit dem Europäischen Präventionspreis der Europäischen psychiatrischen Fachgesellschaft (EPA) ausgezeichnet.
Professor Nikolaos Koutsouleris ist Lehrstuhlinhaber für Präzisionspsychiatrie an der Ludwig-Maximilians-Universität und am King’s College London, sowie Fellow der Max-Planck Gesellschaft am Max Planck Institut für Psychiatrie in München. Seine Arbeiten zum Einsatz von KI zur Früherkennung und Differenzialdiagnose psychischer Erkrankungen wurden vielfach national und international ausgezeichnet.
Kategorie bestes Start-up im Gesundheitswesen
Richard Fobo, Johannes Ruopp und Kerstin von Diemar: „cureVision”
Die Versorgung chronischer Wunden durch digitale Erfassung und automatisierte Dokumentation – für diese Idee wurden Richard Fobo, Johannes Ruopp und Kerstin von Diemar, das Gründungsteam von cureVision, mit dem Eugen Münch-Preis ausgezeichnet.
Sie haben ein System entwickelt, das die Wunden aufnimmt, automatisch und in Sekundenschnelle präzise in Größe und Tiefe vermisst und den Anteil der Gewebearten mittels Künstlicher Intelligenz (KI) ermittelt. Die so erstellte Dokumentation können Pflegekräfte automatisch in die Patientenakte übernehmen. So haben alle an der Wundversorgung beteiligten Personen Zugriff auf die gleichen, objektiven Informationen und den Heilungsverlauf. Die Wunden werden genauer und bis zu 90 Prozent schneller erfasst, Pflegefachkräfte werden von zeitaufwändiger Dokumentation entlastet – und da Zustand und Größe der Wunde genau bekannt sind, können die Pflegenden direkt am Bildschirm das passende Verbandsmittel auswählen. Im nächsten Schritt möchte cureVision auch Diagnose- und Therapie-Empfehlungen zur Verfügung stellen. Fobo, einer der Gründer, betont: „Studien zufolge erhalten weniger als die Hälfte der Patientinnen und Patienten die für sie richtige Versorgung. Das zu ändern ist unser Ziel.“
Johannes Ruopp ist Medizintechnik-Ingenieur und Experte für medizinische Hardware und Zulassung. Richard Fobo ist Ingenieur, Software-Entwickler und Experte für Medizinische KI. Kerstin von Diemar hat einen MBA der Hochschule St. Gallen und ist erfahrene Unternehmerin und Finanzexpertin.
Die Jury
- Barbara Diehl, Chief Partnership Officer, SPRIND – Bundesagentur für Sprunginnovationen
- Prof. Dr. Wolfgang Greiner, Inhaber des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement, Universität Bielefeld
- Prof. Dr. Heike Haarhoff, Redakteurin Tagesspiegel Background Gesundheit & eHealth; Professorin Kommunikationswissenschaft an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften
- Dr. Bernadette Klapper, Bundesgeschäftsführerin, Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe – Bundesverband e. V.
- Franz Knieps, Vorstand BKK Dachverband e.V.
- Prof. Dr. Ralf Kuhlen, Chief Medical Officer, Helios Health GmbH
- Marcel Weigand, Leiter Kooperationen und digitale Transformation der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland & freier Berater